Ehemalige Admins der Facebook-Gruppe "Aufruf zum friedlichen Widerstand..." und Freunde des Friedensfrühlings 2015

Warum die Friedensbewegung einen Friedensfrühling braucht oder: Es läuft nicht alles rund während des Friedenswinters

19.01.2015

Einerseits war es eine schöne Vorstellung: Die Friedensbewegung setzt mit einigen Teilen der Mahnwachen den Friedenswinter in Gang. Andererseits kam es leider von Teilen der Friedensbewegung wiederum zu einer klaren Abgrenzung von diesem Zusammenschluss, der für beide Seiten befruchtend sein sollte und es auch ist. Wir halten die Kritik der Teile der Friedensbewegung, denen einige Themen und Theorien der Mahnwachenbewegung suspekt und untragbar schienen, für berechtigt, auch wenn wir uns selbst als durchaus tragbare Bestandteile dieses Friedenswinters verstehen und ihn bisher mitgetragen haben.

Wir finden, dass Teile der Mahnwachenbewegung in manchen Orten und in Facebookgruppen immer noch zu sehr oder erneut nach Rechts offen sind. Wir haben den Eindruck, dass in einer der Facebookgruppe, in der wir selbst mitgearbeitet haben nun aus der Angst heraus, Mitglieder zu verlieren oder aus der Idee einer nicht gespaltenen Einheit all der Menschen, die etwas für den Frieden in der Welt tun wollen heraus, die scharfe Abgrenzung gegenüber rechtspopulistischen oder rassistischen Themen oder Personen aufgeweicht werden soll. Wir halten diese Entwicklung für völlig verkehrt und haben uns daher entschlossen die Mitarbeit dort zu beenden. Sicher lässt sich nicht aus der Beobachtung dieser einen Gruppe über alle Mahnwachen urteilen. Es gibt Unterschiede zwischen der Praxis vor Ort und den Diskussionen im Netz. Insofern ist dieser Text weniger eine Kritik der Idee des Friedenswinters an sich, sondern greift erneut die Punkte auf, die an den Mahnwachen problematisch sind. Das wollen wir in Zukunft ändern.

Einige Mahnwachen haben sich klar positioniert, und zwar politisch links, Einige gar nicht, Einige sind rechts offen, auch wenn sie das so nicht wahrhaben wollen. Es gibt Einzelpersonen und auch Wortführer die immer noch versuchen, die Idee, dass es kein Rechts und kein Links mehr gäbe, aufrecht zu erhalten. Das geht so nicht. Diese Idee ist falsch. Unter dem Deckmantel der eingeforderten Meinungsfreiheit werden damit Menschen in die Arme rechtsgerichteter, nationalistischer oder rassistischer Bewegungen und Haltungen getrieben.

Wenn man Humanismus will, muss man sich beständig von nicht humanistischen Theorien und Ideen abgrenzen, auch wenn einige das nicht gerne hören wollen und denen „Abgrenzung, Spaltung“ als rotes Tuch erscheint. Klar sind wir auch von der Idee einer globalen Geschwisterlichkeit unter allen Menschen beflügelt. Eigentlich wären wir alle eins, und es gilt für alle Frieden zu schaffen. Andererseits geben weder die gesellschaftlichen Verhältnisse noch die globalen Machtverhältnisse, noch die unterschiedlichen politischen Ausrichtungen diese Haltung als „Jetzt-Zustand“ oder jetzt zu verwirklichende Anleitung für die Praxis vor Ort zum jetzigen Zeitpunkt her. Es kann kein „Wir“ mit Rassisten geben.

Das Ideal der prinzipiellen Einheit und Gleichheit aller Menschen wird alleine durch manche Ideen, wenn sie verbreitet werden, verletzt. Das ist so, weil bestimmte rechtsgerichtete Interessengruppen ebenso auf die Bewegung Einfluss nehmen wollen wie die von traditionell linken Ideen geprägten Humanisten unter uns. Verbreitet ist auch eine Angst vor „den Linken, dem Kommunismus“, der von einigen mit Faschismus gleichgesetzt wird (Totalitarismusthese), was wir für falsch halten. Wir denken, dass die Analysen von Marx und die Idee einer gerechten, friedlichen Weltgesellschaft sich nicht mit dem Ende des real existierenden Sozialismus als hinfällig oder falsch erwiesen haben. Wir verstehen uns – und das müssen wir unserer Meinung nach unbedingt tun – als der Teil der alten und neuen Friedensbewegung, der sich einem klar humanistischen, antirassistischen Konsens zuordnet und diesen Werten verpflichtet ist. Das bedeutet aber auch, dass wir bestimmte Themen, Politik-Richtungen, Personen und ihre Inhalte unter diesem Dach nicht dulden können. Dazu gehören auch die Inhalte der Pegida-Bewegung, auch in ihren Varianten (Pegada), bei der dennoch dieselben Menschen das Wort führen. Es gilt, wachsam zu bleiben.

Wir können in der Friedensbewegung nicht dulden, dass Menschen antisemitische Theorien, Thesen, Bilder aufgreifen, selbst wenn wir zum Beispiel Kritik am israelischen Regierungshandeln oder auch am bestehenden Wirtschaftssystem in einem bestimmten Rahmen für zulässig halten. Es ist allerdings notwendig, in der Hinsicht eine klare Haltung zu bewahren und die Gefahren aufzuzeigen, die in verkürzter Kapitalismuskritik oder klar antisemitischen Äußerungen liegen. Auch Umdeutungen der Geschichte, Holocaustleugnung oder -relativierung sind für uns selbstverständlich nicht tragbar. Eigentlich sollte das klar sein, immerhin begehen wir dieses Jahr unter anderem den 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz und der anderen KZs. Leider ist dem nicht so.

Darum bemühen wir uns jetzt um eine klare Neuorientierung, die zwar alle Personen und Initiativen der Mahnwachenbewegung einlädt, die sich diesen Vorstellungen und Werten verpflichtet fühlen, aber mit einigen fehlleitenden, rechtsoffenen Prinzipien brechen muss. Insgesamt möchten wir daran arbeiten, sachlich fundierte Friedensarbeit zu befördern und auch wieder auf die Straße zu bringen. Dazu brauchen wir die Kompetenz aller Kräfte der sogenannten „alten Friedensbewegung“, die seit den 80er Jahren beste Analysen bietet, aber auf den Straßen bis auf Einzelne nur noch wenig sichtbar war. Wir können uns nicht erlauben, die aus dem politisch rechten Umfeld in die Diskussion gebrachten Inhalte im Rahmen der Friedensbewegung mitzutragen. Zum einen, weil wir sie für falsch und problematisch halten, zum anderen, weil sie nur Verwirrung stiften und unter Umständen zu falschen Schlussfolgerungen führen. Es gilt also, alle Themen und Thesen abzuweisen, die nicht in die richtige Richtung führen. Das ist unsere Aufgabe. Dazu wenden wir uns vertrauensvoll an die Protagonisten der alten Friedensbewegung, die uns Fehler gerne aufzeigen, und an alle aktionswilligen Initiativen der Mahnwachenbewegung. Wir tun das, um weiteren Schaden von der Friedensbewegung abzuwenden.

Ehemalige Admins der Facebook-Gruppe "Aufruf zum friedlichen Widerstand..." und Freunde des Friedensfrühlings 2015

Im Namen aller, die zum Teil nicht namentlich genannt werden möchten:

Meike Brunken, Manu Roth, „Harald Schmidt“ (Pseudonym).

Es schließen sich an: Henrik Kammermeier, Sabrina Balmer, Florian Schlund, „Albert Empunkt“ (Pseudonym).


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