Otmar Steinbicker
Atomwaffen in der Eifel verstoßen gegen Völkerrecht
Aachener Nachrichten, 22.01.2021

Otmar Steinbicker, Foto: Beate Knappe
Der heutige 22. Januar 2021 ist ein Tag für die Geschichtsbücher. Ab diesem Datum sind Entwicklung, Produktion, Test, Erwerb, Lagerung, Transport, Stationierung und Einsatz von Atomwaffen durch den Atomwaffenverbotsvertrag völkerrechtlich verboten, ebenso ausdrücklich auch die Drohung mit dem Einsatz dieser Waffen.
Dieser Vertrag wurde bereits am 7. Juli 2017 von der UN-Generalversammlung mit 122 Stimmen angenommen. Bis heute haben ihn 86 Staaten unterzeichnet, 51 auch ratifiziert. Als Schwelle für das Inkrafttreten war die Ratifizierung durch 50 Staaten definiert. Nachdem diese am 24. Oktober 2020 erreicht war, galt noch eine letzte Frist von 90 Tagen.
Ausdrücklich verboten ist damit auch die Nukleare Teilhabe, wie sie die Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten im Rahmen der Nato praktiziert. So lagern in Büchel in der Eifel etwa 20 US-Atombomben (die exakte Zahl wird geheimgehalten), die im Einsatzfall von deutschen Bundeswehrpiloten mit Tornado-Flugzeugen ins Zielgebiet geflogen und dort abgeworfen werden sollen. Deutschland handelt mit der weiteren Stationierung dieser Atomwaffen seit heute völkerrechtswidrig!
Kritiker des Vertrages, darunter auch die Bundesregierung, wenden gerne ein, dass keine der Atommächte diesem Abkommen beigetreten ist und es daher nutzlos sei. Sinnvoller sei es, den Atomwaffensperrvertrag aus dem Jahr 1968 weiter auszubauen, mit dem Ziel einer atomaren Abrüstung. Doch so einfach lässt sich nicht argumentieren. Schließlich hatten sich bereits zu dieser Zeit die damals vorhandenen fünf offiziellen Atommächte in Artikel VI verpflichtet, „in redlicher Absicht Verhandlungen zu führen […] über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung unter strenger und wirksamer internationaler Kontrolle“.
Diese Verpflichtung haben sie jedoch in den Jahrzehnten danach nicht eingelöst und sind nach wie vor weit davon entfernt, solche Verhandlungen aufzunehmen. Im Gegenteil: Versuche zur atomaren Rüstungsbegrenzung wurden weitestgehend eingestellt, geschlossene Verträge – wie der Vertrag über atomare Mittelstreckenwaffen – gekündigt und massive Schritte in Richtung auf ein zügelloses atomares Wettrüsten unternommen. Das letzte atomare Abrüstungsprogramm zwischen den USA und Russland „New Start“ läuft am 5. Februar aus. Noch besteht die Möglichkeit, es einstweilen zu verlängern, um ein Folgeabkommen auszuhandeln. Ob sie genutzt wird, ist derzeit offen. Da muss sich Joe Biden als neuer US-Präsident offiziell äußern, Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich bereits im vergangenen Oktober dazu bereit erklärt.
Weiterer Druck ist nötig
Der Atomwaffenverbotsvertrag verfolgt einen anderen Ansatz als der Atomwaffensperrvertrag, indem er ab sofort Atomwaffen ebenso umfassend und allgemein verbindlich ächtet, wie bislang bereits Chemiewaffen, biologische Waffen, Landminen und Streumunition geächtet sind. Die Atomwaffenmächte stehen damit ebenso unter Legitimierungsdruck wie die Mächte der Nuklearen Teilhabe, darunter Deutschland. Dass ein solcher Druck letztlich wirken kann, zeigt die Geschichte der Ächtung der genannten Waffenarten.
Den nötigen Druck zu entfalten, ist jetzt nicht zuletzt die Aufgabe der Zivilgesellschaft. In dieser Richtung ist in Deutschland bereits einiges geschehen. Die vier Bundesländer Bremen, Berlin, Hamburg und Rheinland-Pfalz haben bereits beschlossen, den Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zu unterstützen beziehungsweise die Bundesregierung aufzufordern, ihm beizutreten, ebenso über 100 Städte, Gemeinden und Landkreise. Die Stadt Aachen per Stadtratsbeschluss und die Städteregion Aachen per einstimmigem Städteregionstagsbeschluss sind seit Dezember 2019 dabei. Der Stadtrat in Düren hatte bereits im Juli 2019 einen solchen Beschluss gefasst.
Diese Liste ist zu verlängern. Angesichts der bisherigen Ignoranz der Bundesregierung darf es aber nicht bei einmaligen Beschlüssen bleiben, sondern es gilt, beharrlich weiter zu drängen, bis auch die Bundesregierung den Vertrag unterzeichnet.
Otmar Steinbicker ist Redakteur der Zeitschrift "FriedensForum" und Herausgeber des Aachener Friedensmagazins www.aixpaix.de. Seine Beiträge finden Sie hier